Posts mit dem Label Blog werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Blog werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 21. August 2009

Vorahnung in G-Moll

...Agnieszka und ich sind also nach Oliwa gefahren, zu einem Konzert des Mozartiana-Festivals, standen ein wenig ratlos im Park vor dem Palac Opatów herum - die Besucher standen eng an eng, die Bühne mit dem, so vermuten wir, fabelhaften Orchester schien kilometerweit entfernt - und fragten uns, warum es wohl ein lohnendes Experiment sein sollte, keine Verstärker zu benutzen.
Ab und zu wehte der Wind die Ahnung einer Geige, vielleicht G-Moll zu uns herüber... Nach ein paar sehnsuchtsvollen Minuten - Agnieszka hatte sich so auf Mozartklänge gefreut - beschlossen wir, uns bei einer Tasse heißer Schokolade (und das im August!) zu erholen, vorzugsweise im Blekitny Pudel in Sopot. Die Sonne war schon längst untergegangen, es war empfindlich kalt, und so sorgfältig wir uns in unsere Schals hineinverknoteten, wollte uns nicht wärmer werden.

Durch den Park also zurück zum Auto. Dann die unheilvolle Überraschung: Der Besitzer eines wahrlich riesenhaften Ungetüms von Auto hatte uns mit selbigem zugeparkt. Nach einer halben Stunde des Wartens dann die Entscheidung, die straz miejska, so etwas wie die Stadtpolizei, zu rufen. Die kam nach kurzer Weile, war ratlos, wollte nicht den Abschleppdienst rufen, und vollbrachte am Ende das Wunder, unser Auto Millimeter für Millimeter aus seinem Gefängnis herauszubugsieren. Der Verkehr auf der Straße musste auch nur für einige Minuten lahm gelegt werden.

Aga war besorgt, ob ich darüber wohl im Blog schreiben würde, natürlich habe ich sie sofort beruhigt und gesagt, falls ich das täte, würde ich vor allem über die Luft an diesem Abend schreiben: Glasklar, eine Note von Rauch darin, ein Anklang von Humus, ein entschiedener Geruch von Kälte. Aga, sagte ich, wenn ich über diesen Abend schreibe, dann nur als die erste Vorahnung des Herbstes.

Montag, 3. August 2009

Am Fenster

Seit zwei Tagen bin ich hier, und seit zwei Minuten habe ich zusätzlich zu meinem Fenster zu Danzig ein Fenster zur Welt: Internet! Gerade waren Michal und ein sehr schüchterner Techniker da, haben heimlich im Flur geflucht und viel mit Kabeln gewirbelt. Wasser wollten sie nicht, auch Kaffee haben sie abgelehnt, das muss an einer Art ungeschriebenem Höflichkeitskodex liegen, den mitbekommt, wer in Polen geboren wurde und aufwuchs.
Mit dem Pfund kann ich nicht wuchern: Als Halb-Polin, Ganz-Hybridin, bin ich in Deutschland aufgewachsen. 



Du sprichst aber gut Polnisch, hat Michal zum Abschied gesagt, und einen schnellen Blick auf meinen mit Büchern und Broschüren zugestellten Schreibtisch geworfen, und ich hatte abgewunken. Ich schreibe auf Deutsch, auf Polnisch könnte ich es nicht. Auch die Texte, die hier entstehen werden und schließlich das, was man Roman nennt, werden auf Deutsch sich entwickeln.-

Draußen scheint die Sonne, Danzig hat sein Sommerkleid angezogen, und Blumenfrauen haben mein Auto umstellt, bis heute Abend also bleibt es umrankt von Nelken und Sonnenblumen. Möwen zerschneiden den Himmel, ich werde sie vermissen, das weiß ich schon jetzt.
Jetzt also: Das Blog. Eine eigentümliche Vorstellung: Dass andere lesen, was man sonst für sich, kaum eingestanden, in Heftchen notiert und schon nach einigen Monaten kaum mehr entziffern kann.
Viel anders möchte ich es aber nicht halten müssen. Meine Texte unterlaufen Dutzenden von Abänderungen und Überarbeitungen, der Blog soll freier sein, unmittelbarer. Mit dem heutigen Tag geht es los, er ist der Startschuss ins Stadtschreibertum und in das Blog hinein.