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Samstag, 19. September 2009

Stadterzählung

Endlich ein ordentliches Stück vorangekommen mit meiner Danziger Stadterzählung! Ein kleiner Kosmos entsteht unter meinen Händen, und weil der Umfang so klar abgesteckt ist, kann ich ihm bei seiner Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes zusehen. Danzig wird in diesem kleinen Büchlein schon leicht verwandelt, ich eigne es mir schreiberisch an, Figuren tauchen immer wieder auf, werden überzeichnet, dazu erfunden, und immer wieder passieren Dinge, wie sie eigentlich nicht passieren können. Und Sprache, immer wieder Sprache. Für das Schaffen einer Atmosphäre ist sie genauso wichtig wie das Beschriebene selber.

Eine der beschriebenen und fiktionalisierten Figuren ist mein Nachbar "Pan Malszewski". Als Kostprobe findet sich über ihn folgendes Fragment:


"Als ich nach Hause komme, liegt dort, im Halbdunkel des Treppenhauses, ein Schatten. Ich mache das Licht an, es ist Herr Malszewski, Herr Malszewski liegt vor seiner eigenen Wohnung hingeknüllt wie die Zeitung von vorvorgestern. Er hat es nicht aus seinem Ölzeug geschafft, der orange-gelbe Overall leuchtet dumpf vor sich hin. Im Treppenhaus riecht es jetzt nach Metall und Alkohol. Vielleicht war heute Zahltag.
Um an meine Wohnungstür zu gelangen, muss ich ganz nah an ihn herantreten. Guten Abend, Herr Malszewski, sage ich schüchtern, aber bekomme keine Antwort. Wie auch: Herrn Malszewskis Augen zeigen verdreht nach oben, sein Schnurrbart ist ganz wirr, man möchte ihn zurechtbürsten, wie man einem Kind über den strubbeligen Kopf fährt. Ein Speichelfaden tropft über das Kinn auf den Boden und kommt auf einer Stufe zu liegen.
Ich schließe mich in meiner Wohnung ein und kauere hinter meiner Tür: Denn die eigentliche Frage ist, ob Frau Malszewska zu Hause ist, oder ob sie erst noch nach Hause kommen wird.
Diesen Moment darf ich auf keinen Fall verpassen. Ich horche."