tag:blogger.com,1999:blog-47642235571226053062024-02-07T08:30:33.917+01:00Stadtschreiberin Danzig | Gdańsk 2009Sabrina Janesch ist die Stadtschreiberin von Danzig 2009. Das Stipendium wird vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und der Stadt Danzig vergeben. Sabrina Janesch veröffentlichte Kurzgeschichten und Reportagen in Anthologien und Zeitschriften. Sabrina Janesch, die zurzeit an ihrem ersten Roman schreibt, führt während ihres Aufenthalts in Danzig dieses Internettagebuch und berichtet hier über ihre Begegnungen und Begebenheiten, veröffentlicht Fotos etc.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.comBlogger96125tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-38615238920044718732010-01-05T12:32:00.003+01:002010-01-05T13:24:44.472+01:00Neuer Blog!...auch im neuen Jahr geht es weiter mit deutsch-polnischen Themen, dem Schreiben und Nachdenken über Danzig, und zwar auf meiner neuen Homepage <br /><br /><a href="http://www.sabrinajanesch.de">http://www.sabrinajanesch.de</a><br /><br />Dort gibt es auch nähere Informationen zu meinem Debutroman "Katzenberge", der im Herbst 2010 im Aufbau-Verlag erscheint.<br /><br />Und als kleiner Tip: am Freitag, den 8. Januar wird es ein Live-Interview mit mir geben auf WDR 5 um 11:05. Thema: Als Stadtschreiberin in Danzig.<br /><br />...nicht zu vergessen: Allen Lesern ein frohes und erfolgreiches Jahr 2010!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-19768997407308491092009-12-18T09:56:00.002+01:002009-12-18T10:07:38.165+01:00Am Fenster IIAnfang August habe ich in meinem ersten Blogeintrag geschrieben:<br /><br />"Draußen scheint die Sonne, Danzig hat sein Sommerkleid angezogen, und Blumenfrauen haben mein Auto umstellt, bis heute Abend also bleibt es umrankt von Nelken und Sonnenblumen. Möwen zerschneiden den Himmel, ich werde sie vermissen, das weiß ich schon jetzt."<br /><br />Wie Recht sollte ich behalten! Heute, knappe fünf Monate später, umstellen keine Blumenfrauen mehr mein Auto, keine Blumen sprießen an ungeahnten Stellen empor - heute liegt zentimeterhoch Schnee, alle Pfützen sind vereist, Winter. Nicht nur die Möwen werden mir fehlen, vor allem werden mir die Menschen in dieser Stadt fehlen. <br /><br />Der letzte Eintrag im Blog. Was bleibt zu sagen? Wie ungeheuer intensiv diese Zeit war, voller Eindrücke, Aufgaben, Herausforderungen? Ich glaube, das ist im Blog sowieso klar geworden. Vielleicht könnte man einen kleinen Ausblick geben: Von Januar bis März geht es für mich mit einem Stipendium ans Schriftstellerhaus Stuttgart, dort werde ich weiter an meinem Danziger Roman (meinem zweiten Roman) schreiben. Und im Herbst 2010 ist es dann endlich soweit: Mein erster Roman "Katzenberge" erscheint.<br /><br />Übrigens: ein nächster Blog unter meinem Namen wird nicht lange auf sich warten lassen, auch er wird sich mit deutsch-polnischen Themen beschäftigen, Reisen gen Osten und immer wieder Geschichten über Geschichte und Literatur.<br /><br />Auf ganz bald, allen Lesern alles Liebe & Gute!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-78778839542122185452009-12-16T10:37:00.003+01:002009-12-16T11:15:29.324+01:00Der Beweis<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgIiYBhbA6F9xibIOlepLfb6Zr-oMvZPxBt3lh5WP7fyTy37qfOG5nkRn32xvIeo8AzVvonmmMcBHK-2N7jG-eeZCcYCuklUWmF9dbLxMiqB8Hg0EttwKXd0cU5z66q6awu2FiOLnF-vi93/s1600-h/DSCN4130.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgIiYBhbA6F9xibIOlepLfb6Zr-oMvZPxBt3lh5WP7fyTy37qfOG5nkRn32xvIeo8AzVvonmmMcBHK-2N7jG-eeZCcYCuklUWmF9dbLxMiqB8Hg0EttwKXd0cU5z66q6awu2FiOLnF-vi93/s400/DSCN4130.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5415765937464011090" /></a><br /><br /><br />Schnee! Danzig ist wie mit Puderzucker bestreut.<br /><br />Nachdem gestern Abend mit der Abschlusslesung das Stipendium offiziell beendet wurde, geht auch nun langsam die Zeit des Blogs zuneige... <br />Wenigstens einmal werde ich noch Zeit finden, für einen Abschluss-Blogeintrag, so, wie sich das gehört!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-33456841415734090802009-12-13T15:26:00.003+01:002009-12-13T15:31:23.868+01:00Es weihnachtet sehr<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhC4AOMk7tRP4GKgmNf-ZHnPcev4YzoxWGDnss9ONGeQDjJhAHlt4QIGHLO4SnyJXBjmfzzhHNhELwtA7xSY8oRas1mno8Cya8rNd-DYvVLEghY-F64ydtLxatgugtgZq-CystAGLzDSRX3/s1600-h/DSCN4129.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhC4AOMk7tRP4GKgmNf-ZHnPcev4YzoxWGDnss9ONGeQDjJhAHlt4QIGHLO4SnyJXBjmfzzhHNhELwtA7xSY8oRas1mno8Cya8rNd-DYvVLEghY-F64ydtLxatgugtgZq-CystAGLzDSRX3/s400/DSCN4129.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5414727209115810450" /></a><br /><br /><br />Übermorgen also das offizielle Ende meiner Zeit in Danzig. Ein großer Wunsch von mir, bevor ich Danzig verlasse, ist heute noch in Erfüllung gegangen: Es hat endlich, endlich angefangen zu schneien! <br /><br />Auch das etwas, was man vermissen wird: Sonntag vormittags bei Pellowski auf der Dluga sitzen und Kaffee trinken. Und dieses Mal - wenn jemand die Tür öffnete und hereinkam - sogar mit Sicht aufs Schneetreiben vor dem Rathaus.<br /><br />Es sei also dem Winter diskret mitgeteilt, dass ich, obwohl am Dienstag die Lesung statt findet, tatsächlich noch bis zum Wochenende in der Stadt bin - so viele Gelegenheiten, noch ordentlich Schnee über der Stadt auszuschütten!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-5286195912867471332009-12-10T10:15:00.002+01:002009-12-10T10:23:37.090+01:00HerderKaum mehr als eine Woche in Danzig ist übrig von meiner Zeit! <br />Das Ende ist schon in Sichtweite, bereits gestern habe ich einen Vortrag im Herder-Zentrum über meinen Aufenthalt, meine vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten hier vor Ort gehalten.<br />Nächste Woche Dienstag ist dann die offizielle Abschluss-Veranstaltung: Um 18 Uhr im Nowy Ratusz, Sala Herbowa, es wird allerhand Ansprachen geben, ein Gespräch samt kleiner Lesung.<br /><br />Zeit, die Monate hier, und das, was sie mir gebracht haben, Revue passieren zu lassen. Im Hochsommer bin ich hier angekommen, im Winter verlasse ich diese Stadt. <br />Ich kann mich glücklich schätzen, hier genauso viel (und noch mehr) von dem gefunden haben, was ich in Danzig erwartet habe: Substanz, Vielfältigkeit, interessante Menschen mit faszinierenden Schicksalen und Familiengeschichten.<br /><br />Ja, auch wenn ich die Stadt (architektonisch wie geografisch) mir so genau wie möglich angeeignet habe, sind es doch die Menschen, die Danziger, die ich am Wenigsten aus dieser Zeit missen möchte. <br />Von ihnen geht Inspiration aus. Auch den Hintergrund, die Stadt, werde ich vermissen. Dennoch ist es gut, sich von ihm zu entfernen, um ihn vor meinem geistigen Auge wieder zu erschaffen. Distanz ist unabdingbar für den Schaffensprozess.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-32623687780330371842009-12-07T17:05:00.003+01:002009-12-07T17:54:23.869+01:00Malbork<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgs7oJ1U6wRd1rtZlZV4guijWEtPZyA7qalXsXcHHhgb98-o8xRrR-mhUuqw8AK4vmPcAYNgeGF8rIHRArqzCDd2xUzLMYCGjuANrK4oc5fGVAPvoMe5tyF8DfyJyU1n1h3aiIhsca8oP2W/s1600-h/DSCN4110.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgs7oJ1U6wRd1rtZlZV4guijWEtPZyA7qalXsXcHHhgb98-o8xRrR-mhUuqw8AK4vmPcAYNgeGF8rIHRArqzCDd2xUzLMYCGjuANrK4oc5fGVAPvoMe5tyF8DfyJyU1n1h3aiIhsca8oP2W/s400/DSCN4110.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5412534044872721058" /></a><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjjKMrpyIbqKUtC_3pI4QYZH5Tm_Yz4aGaqp4fA97uz7ANEBYGlnXxUsaa6IrZridSoNiyVAc-D5ar1KVsG7yp7Bql2PkufqcTO7OKuOon_bFNf5J5j-AEEr00wDe-z7M6U6NY9rre_VLGa/s1600-h/DSCN4105.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjjKMrpyIbqKUtC_3pI4QYZH5Tm_Yz4aGaqp4fA97uz7ANEBYGlnXxUsaa6IrZridSoNiyVAc-D5ar1KVsG7yp7Bql2PkufqcTO7OKuOon_bFNf5J5j-AEEr00wDe-z7M6U6NY9rre_VLGa/s400/DSCN4105.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5412533838781979074" /></a><br /><br /><br />Am Wochenende eine kleine Stadtflucht hinaus zur Marienburg. Schon lange stand das auf dem Plan und wollte nun, kurz vor der Abreise, noch erledigt werden...<br />Dezember-Grau vor dem Zugfenster, die Scheiben waren ganz beschlagen vom Atem der Leute im Abteil, wie durch ein Wunder bin ich dann doch am richtigen Bahnhof ausgestiegen.<br /><br />Kurzer Trab durch das Städtchen Malbork hin zum Schloss, dass sich am Flussufer ausbreitet. Und "aus-breitet" ist in diesem Zusammenhang die wohl zutreffendste Vokabel: Es dürfte recht schwierig sein, einen ähnlich raumgreifenden, architektonischen Komplex zu finden.<br /><br />Es hatte sich gelohnt, sehr sogar. Nicht nur ist die Marienburg ein bauliches Wunderwerk aus dem späten Mittelalter, es ist: eine Enzyklopädie der Restaurierungskunst und -geschichte. Wer wie was zerstört hat, wer wie was wieder aufgebaut hat. Das, was wir heute sehen, ist nur das Ergebnis, was momentan am Ende der Ereigniskette steht. Eben: Gegenwart, die sich weiter entwickeln wird.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-77216856636834927762009-12-05T11:55:00.002+01:002009-12-05T11:55:00.292+01:00WaldluftMitten auf der Dluga, kaum ein paar Schritte vom Neptunbrunnen entfernt, breitet sich seit gestern ein dichter, hoher Wald aus. Zumindest könnte man das meinen, wenn man am anderen Ende der Dluga steht und zur Mottlau, am Rathaus vorbei, blickt... <br />Ein riesiger Weihnachtsbaum, eine meterhohe Tanne wurde dort aufgestellt, und man könnte sich nicht vorstellen, dass in ganz Sibirien ein schöneres Exemplar als dieses hier steht.<br /><br />Auch das könnte man zumindest meinen, zumindest dann, wenn man den Baum gesehen hat, bevor er geschmückt wurde... <br />Als ich ein paar Stunden nach der Aufstellung wieder an ihm vorbeigegangen bin - noch etwas Waldluft, Harz schnuppern - war kaum noch etwas von seiner grünen Nadelpracht zu sehen, denn da war er schon behängt mit Lichtergirlanden in Weiß, Rot, Blau, allen Farben, die die Lichtergirlandenkartons zu bieten hatten...<br />Was kann man machen, es weihnachtet nun mal sehr! Am Sonntag ist Nikolaus, es lässt sich nicht leugnen!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-14921624084289786802009-12-03T17:52:00.003+01:002009-12-03T17:58:42.348+01:00Deutsche WelleHeute im Café Ferber einer Journalistin von der Deutschen Welle ein Interview gegeben. <br />Nachdem in der Wärme des Cafés erst einmal Nasen und Hände wieder aufgetaut waren (über Nacht ist in Danzig der Winter ausgebrochen, auf dem Rasen im Park und den Autos auf der Straße lag Rauhreif) und sich die Bedienung dazu überreden ließ, die Musik abzustellen, wurde viel geredet über deutsche und polnische Selbstwahrnehmung und die mögliche Rolle eines "Stadtschreibers".<br /><br />Denn was kann so eine Stelle (Ein "Amt", wie meine Position auf polnisch heißt) leisten, was bewirken? Dass es in keiner Weise mit der normalen Arbeit eines Schriftstellers zu vergleichen ist, das wusste ich schon kurz nach meiner Ankunft in Danzig. <br />Hier ging es um mehr, diese Tätigkeit war auch politische Botschaft, war ein Stipendium von politischem Ausmaß. <br /><br />Auf die Frage hin, was ich denn hier alles getan hätte, und ich alle Verpflichtungen heruntergeschnurrt hatte, machte die Journalistin große Augen und fragte "Und all das in 5 Monaten?" <br />Ja, sagte ich, all das in 5 Monaten, und sogar ein bisschen zum Roman-Schreiben bin ich gekommen, ab und zu.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-23243160568285886402009-12-01T13:48:00.002+01:002009-12-01T13:56:56.251+01:001. DezemberDer Dezember zeigt sich gleich am ersten Tag von seiner ungnädigen Seite: Seit heute morgen ist es nicht ganz hell geworden, und in zwei Stunden wird sich das Grau des Tages wieder rasch ins Schwarz des Abends und der Nacht verwandeln. <br />Noch im Sommer hätte ich nicht geglaubt, dass mir ein Weihnachtsmarkt fehlen würde, der sich durch die Straßen zieht und mit allerhand Licht und Leckerei die Gemüter aufheitert... Meine Freundin Aga berichtete, vor dem Theater würde am Wochenende ein großes Zelt aufgebaut werden, in denen einige Stände sein würden... Es ist einfach nicht dasselbe. <br /><br />Eine Bekannte ist gestern enerviert nach Warschau abgereist, sie halte es in Danzig manchmal nicht länger aus, und dabei arbeite sie schon seit zwei Jahren in der Stadt und könne sich trotzdem nicht an sie gewöhnen. Nun besucht sie ihre Freunde in der Hauptstadt und genießt die Möglichkeit, jeden Tag in 20 verschiedene Galerien und Vernissagen gehen zu können. <br /><br />Ich habe wenig Grund zu klagen - eine Stadt von der Größe Danzigs liegt mir viel mehr, und an kulturellem Angebot mangelt es auch hier ganz bestimmt nicht. Ich weiß gar nicht, wie viele Konzerte, Vernissagen und Lesungen ich verpasst habe, weil ich mir in den Kopf gesetzt habe, zu schreiben. Nein, nach Warschau zieht mich nichts!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-27074413912091334692009-11-29T16:50:00.003+01:002009-11-29T16:56:31.261+01:00Lächeln!Heute: Ein grauer, verregneter Tag, gegen drei Uhr begann bereits die Dämmerung...Ein Tag, wie geschaffen, um ihn daheim im Sessel, mit Unmengen Tee und einem guten Buch zu verbringen.<br />Was aber tun, wenn es einen einfach immer nach draußen treibt, weil man das Gefühl hat, man verpasst etwas in dieser Stadt, wenn man nicht rausgeht und durch die Straßen streift?<br /><br />Dann heißt es, Regenjacke an, Winterstiefel (hohes Profil!) an und; dem Regen und der Kälte getrotzt. Grübeln kann man ja bekanntlich bei jedem Wetter, und so zog ich, meinen Gedanken nach hängend, durch die Innenstadt, die Kapuze tief in die Stirn gezogen. Sogar die Tauben saßen ganz nass und zerzaust auf den Stufen des Artushofes, es war ein Bild zum Erbarmen. <br /><br />Meine Laune, so gedämpft sie auch war, schlecht war sie ganz bestimmt nicht; jeder kennt den Gesichtsausdruck, den man hat, wenn man konzentriert ist... Gerade, als ich in die Lektykarska-Straße einbiegen wollte, sprang mir ein älterer, deutscher Tourist in den Weg und quietschte: "Lächeln!"<br />Es geht nichts über gut gelaunte Zeitgenossen!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-39239326079889471532009-11-27T17:31:00.002+01:002009-11-27T17:43:19.316+01:00Spiegel-BildHeute ein bezauberndes Erlebnis auf der Swietojanska-Straße, unweit meiner Wohnung: Ein Mann trug einen Barock-Spiegel seitlich unter dem Arm, ja, er schleppte ihn förmlich, so schwer war er. <br />Und wie er über die Straße ging, hielt er den Spiegel just in so einem Winkel, dass sich ein Teil der Marienkirche und des davor liegenden Parkes in ihm spiegelte...<br />Verfremdete Realität! ... was so ein Ausschnitt bewirken kann: die Bestürzung, dass es nicht allein die Realität der Welt gibt, sondern ebenfalls die Realität der Spiegel.<br /><br />Schade, dass ich nicht rechtzeitig meine Kamera zücken konnte für dieses Doppelte Danzig. Jedenfalls musste ich gleich an die Rolle der Literatur denken, vor allem natürlich: Literatur über Danzig. <br />Auch sie versucht Danzig abzubilden, tut so, als würde sie <span style="font-style:italic;">wirklich</span> Danzig abbilden, aber dennoch ist es immer: die Realität des Spiegels. Es sieht nur so aus, in Wirklichkeit ist es etwas anderes, eine Paralleldimension. Literatur.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-77359880091536498032009-11-25T17:38:00.002+01:002009-11-25T17:45:39.495+01:00Die PostMittlerweile glaube ich, der "offizielle" Ort, den ich am häufigsten während meines Besuches aufgesucht habe, ist die Post auf der Langgasse. Heute war ich wieder da, ein paar Weihnachtspostkarten und ein Karton für ein Weihnachtspaket wollten eingekauft werden... ich bin unheimlich gerne auf der Post, sitze auf den Eichenbänken, befühle die kleinen Löwenköpfe, die die Bänke abschließen und betrachte das Taubenrelief, was die Wand schmückt. <br /><br />Oft kommen Touristen hinein, einfach nur, um den Raum zu bewundern. Er gehört definitiv zu den Räumen an der Langgasse, die man gesehen haben muss. Ich bin mir sicher, viele ziehen einfach nur aus Spaß eine Nummer aus dem kleinen Automaten am Eingang.<br /><br />Schon so oft habe ich das Taubenrelief bewundert, aber erst, als ich neulich etwas Geld überweisen wollte und eine Kindergartengruppe den Raum betrat, habe ich erst ihren tieferen Sinn verstanden. <br />Die Kindergärtnerin fragte die Kleinen, was sie da oben sähen - Tauben! - und erklärte ihnen, dass die Tauben deshalb dort seien, weil in früheren Zeiten eben die Tauben die Post gebracht hätten.<br />"Das glaub ich nicht", sagte da ein kleines Kind.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-40486988549959468172009-11-23T17:57:00.003+01:002009-11-24T11:03:26.594+01:00Farbe. EinfärbungAusgiebiger Spaziergang durch die Vor- und Niederstadt mit Aleksander Maslowski, einem stadtbekannten (und darüber hinaus) Danzig-Experten. Was er auf einer seiner Seiten (<a href='http://www.rzygacz.webd.pl/index.php?deutsch' target=_blank>www.rzygacz.webd.pl</a>) betreibt, kam auch während des Gangs zum Tragen: die Aneignung und das Verständnis von Geschichte mithilfe persönlicher Geschichten, Geschichten "normaler" Menschen und Orten.<br /><br />Die große Geschichte kennt jeder. Die Kleine kennen nur wenige. Und sei es, dass sie schmackhafter gemacht wird mithilfe von Anekdoten, Legenden, Sagen, Mythen: All das gehört zu dem, was wir Geschichte, was wir menschlich nennen. Nichts anderes ist Geschichte. <br />Zu den Bastionen Maidloch und Gertrud gewinnt man ein ganz anderes Verhältnis (überhaupt: ein Verhältnis), wenn man erzählt bekommt, dass zwischen ihnen, am Ufer des Grabens, ein deutscher Soldat, der dort erschossen wurde, begraben liegt. Und das Rauschen des Schilfes im Ohr: Natürlich, ein Flüstern. Geschichte wird so unmittelbar, be-rührend.<br /><br />Über die Schienen, die zum alten Güterbahnhof führten, sind wir weiter bis zur Steinschleuse gestolpert. Von dort aus sind wir zu der Ruine eines Hauses hinüber gegangen, vor der drei aufeinander gestapelte Klötze liegen, bislang sind sie mir niemals aufgefallen. <br />Als wir näher kamen, erkannte ich ein Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges - in fein ziselierter Frakturschrift. Aleksander erklärte, das Denkmal wurde aus irgendeinem der umliegenden Dörfer hierher geschafft, wahrscheinlich, um es zu zerstören. Ein paar Meter hinter dem Denkmal lag der Kiefer eines Hundes, vielleicht.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-33537597645654606762009-11-20T16:31:00.003+01:002009-11-20T16:52:11.043+01:00Olivaer Forst<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgfFy4-8_zEfQXlzSh0KVVlIhytvoXc2G7UT3HshyLu2KNZePQNJots0UttlKACL3vcR3tcldw4nE6RX1K_VBFC3Tfl_yBYheBsMnuI75sJaNQOh6muTwHVz2guLH-MkLoXvGYkmgqTPd8x/s1600/DSCN4087.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgfFy4-8_zEfQXlzSh0KVVlIhytvoXc2G7UT3HshyLu2KNZePQNJots0UttlKACL3vcR3tcldw4nE6RX1K_VBFC3Tfl_yBYheBsMnuI75sJaNQOh6muTwHVz2guLH-MkLoXvGYkmgqTPd8x/s400/DSCN4087.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5406212488074431810" /></a><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjA5k2i1-OcJ8WqxlIrpdbpGK06eL2SVIOIGOFzCzCI_RVH2mzpjas79fpFVt2N8HGZuOry2eKyHin3822uTzTpLMknVEGC3VHWobRqbOX-SUrGojeWc2j6-Doocp6gkZMAsAR_EjhwQmce/s1600/DSCN4082.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjA5k2i1-OcJ8WqxlIrpdbpGK06eL2SVIOIGOFzCzCI_RVH2mzpjas79fpFVt2N8HGZuOry2eKyHin3822uTzTpLMknVEGC3VHWobRqbOX-SUrGojeWc2j6-Doocp6gkZMAsAR_EjhwQmce/s400/DSCN4082.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5406211819335429986" /></a><br /><br />Der November verwöhnt die Stadt: kristallklare Luft und blendender Sonnenschein! Fahrt mit Andrzej hinaus nach Oliva. Erst der obligate Bummel vorbei an im Tiefschlaf versunkenen Villen (Dornröschen!, musste ich denken), weiter vorbei am Park und der Kathedrale, am Markt entlang, die Mühle hinter sich lassen.<br /><br />Auf dem Weg hinauf zur Aussichtsplattform liegen die Blätter kniehoch! Wie die Kinder planschten wir im Buchengeblätt, lachten bis wir heiser waren und die Hälse von der kalten Luft schmerzten. Schweren Atems oben ankommen, bis zum Meer blicken, da hinten, die Marienkirche, ganz links Sopot, und hinter einem: Der Wald, die Moränen. Atemberaubend schön. <br /><br />Andrzej erzählte, in Sopot könne man auch Ski fahren. Zwar nicht ganz wie in den Bergen, aber immerhin...<br />Mittlerweile glaube ich, es gibt in Danzig nichts, was es nicht gibt.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-69930800058451405552009-11-19T08:39:00.005+01:002009-11-19T08:47:52.693+01:00Ex oriente luxGanz, ganz früh am Morgen, noch bevor die Sonne richtig aufgegangen ist, ist man mit den Anglern an der Mottlau allein. Die Stadt selber schläft noch, die Mariacka - die Frauengasse - ist wie leergefegt, Ruhe. <br />Ab und zu eine Katze. Keine Vögel. Fast hätte man die Wellen gegen das Lange Ufer schwappen hören können, so still war es heute früh.<br /><br />Automatisch selber leise auftreten, um keinen Lärm zu verursachen, niemanden aufzuwecken. <br />Und im immer heller werdenden Tag hinüber zur Niederstadt laufen, leise, denn ein Freund hatte Nachtschicht bei der Polizei und lud ein zu einem frühmorgendlichen Frühstück, Kaffee und Pfannkuchen.<br /><br />Die Niederstadt bei Sonnenaufgang: Noch entrückter, verschlafener als sonst. Auf der anderen Seite des Flusses scheint es noch Nacht zu sein, trotz des Lichtes, das sich langsam, vom Osten kommend, über Dächer und Häuser ausbreitet...<br /><br />Dann in der Wohnung von Andrzej. Auf den kleinen Balkon im achten Stock treten, windig ist es hier oben, und hinüber zum Bischofsberg blicken. Einen heißen Kaffee in der Hand, und, also: Mit Danzig gemeinsam aufwachen.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-68048611036831948452009-11-17T16:45:00.002+01:002009-11-17T16:59:29.976+01:00Die Arbeit des TagesEine Bildungs-Odyssee durch Danzig! Zumindest kam es mir so vor... <br />Heute früh um sieben ging sie los, und zwar mit der Tramway hinaus über Langfuhr nach Oliwa, zur Danziger Universität. Dort warteten zwei dutzend Studenten im Germanistik-Institut, mit denen zusammen ich ein kleines Block-Seminar durchführe: Über die neue deutsche Literatur der letzten zehn, zwanzig Jahre, und einen kleinen Crashkurs im Kreativen Schreiben.<br /><br />Die Professorin, die den Kurs normalerweise betreut (Literatur des 20. Jahrhunderts) hatte mir zwar schon gesagt, dass es sich um Studenten des 5. Semesters handele, dennoch war ich überrascht von ihrer Sprachkompetenz. Und dann, dort, um 8 Uhr in der Früh, durchflutete mich im dritten Stock der Universität ein diffuses Glücksgefühl: Wie wunderbar, dass es in Danzig so gut ausgebildete, bilinguale Menschen gibt... Für mich in dem Moment: eine so gute Anknüpfung an vergangene Zeiten, ein (Sprach)Bewusstsein, vor dem man nicht anders als den Hut ziehen kann.<br /><br />Natürlich war das am Germanistik-Institut, auf den Straßen finden man sowas zwar auch, aber naturgemäß seltener... Aber es ist doch erstaunlich, was für ein brückenschlagendes und friedenstiftendes Moment es sein kann, eine Fremdsprache so gut zu beherrschen. Noch dazu wenn es eine ist, die mit dem Ort, an dem man lebt, soviel zu tun hat.<br /><br />Nächste Woche also der zweite Teil des Seminars: Figurenzeichnung und Räume, Orte, Atmosphäre. Nun allerdings gibt es erst einmal eine große Portion Tee - nach der Universität kam noch ein Treffen im Herder-Zentrum, wo ich Anfang Dezember ebenfalls einen Vortrag halten werde. (genauere Angaben folgen).Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-88416393741838649512009-11-15T12:08:00.000+01:002009-11-15T12:08:00.337+01:00Unteres LangfuhrMan soll die Woche nicht vor dem Sonntag loben: Wo gestern noch so atemberaubend schönes Wetter war, ist heute nur noch eine nasse Novemberkälte... Alles ist verhangen, ab und zu entschließt es sich, zu nieseln. Michal, sein kleiner Sohn Mateusz und ich hatten uns dennoch vorgenommen, endlich den Spaziergang zu unternehmen, von dem wir schon so lange reden: <br />Durch das untere Langfuhr, dem Ort Michals Kindheit.<br /><br />Am Storchenhaus vorbei ("hier wurden Grass und ich geboren"), weiter zum Strießbach, wo die Jungsbande von damals im Sommer gebadet hat, sich von den Weiden über das kleine Sandufer hat fallen lassen. Schiffe schwimmen lassen, vor Blutegeln kreischend davonrennen. Heute ist der Strießbach begradigt, in Beton eingefasst, da bleibt wenig Platz für Fantasie oder Kinderspiele. Jetzt ist es die Erinnerung, die geteilt werden kann...sie ist immer das, was bleibt.<br /><br />Dann, in der Nähe der Hallera: der kleine Laden, in dem man als kleiner Junge sein gesamtes Taschengeld für Autos und Kaugummis mit Stickern ausgegeben hat. Kleine Schätze. Damals, erzählte Michal, gab es hier kaum Autos (nicht vor 50, sondern vor 20 Jahren), dafür viel mehr Büsche und Sträucher als heute. Ganze Orchester von Spatzen hatten hier jeden Morgen Symphonien eingeübt.<br /><br />Die Gärten der Nachbarn in der Nähe der Hallera, wo man Erdbeeren und Obst geklaut, der Park, in dem man Krieg gespielt hat. Alles wirkt auf einmal so klein. Der kleine Mateusz hat jedes Mal ganz große Augen gemacht, wenn ihm sein Vater erzählt hat, dass er hier als kleinere Junge gespielt hat. So, als ob er Geschichten hören würde aus längst, längst vergangenen Zeiten.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-14352247048945898552009-11-13T13:25:00.004+01:002009-11-14T15:06:28.914+01:00Eimerweise Licht<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj_rJYUDXa7zIZYlSLGcTEqMuIYowjV9fE_tmUr4lOvy38EfBI5QJfFoDSlhFw9AY2MUh1GWTZyWRZ8gtWq7HV5p4yGqfXlPbTNh0lAP3Z4xRQw2VK3Fj4Py5ywhYDecFjDUmTOOzFGFPtM/s1600-h/DSCN4055.JPG"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj_rJYUDXa7zIZYlSLGcTEqMuIYowjV9fE_tmUr4lOvy38EfBI5QJfFoDSlhFw9AY2MUh1GWTZyWRZ8gtWq7HV5p4yGqfXlPbTNh0lAP3Z4xRQw2VK3Fj4Py5ywhYDecFjDUmTOOzFGFPtM/s400/DSCN4055.JPG" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5403567107206423458" /></a><br /><br /><br />Heute das erste Mal wieder seit längerem: Ein Sonnentag von solcher Vehemenz, dass mich vormittags nichts am Schreibtisch halten konnte, ich mich in meinen Wollpullover packte und durch das Treppenhaus hinaus auf die Straße rannte, gierig die Luft einsog und geblendet die Augen schloss.<br /><br />Ganz klar also ein Fall für den Klassiker meiner Routen, durch die Niederstadt, zu der Schleuse, vorbei an den Bastionen und endlich um den Wallplatz herum, in die alte Vorstadt. Zum ersten Mal in diesem Herbst war es so kalt, dass die Spucke der Passanten auf dem Gehweg gefroren war, blitzend schossen die kleinen Eispfützchen die Sonnenstrahlen nach oben zurück. Jedes Loch, jede Ecke, jeder Winkel wurde durchflutet von dem Licht: die Kioske in den Hinterhöfen der Lakowa, die Vorgärten der verfallenden Villen.<br /><br />Ein Licht also wie ein Seziermesser, nichts bleibt verborgen. Nicht der abblätternde Putz auf den Garagen der Dobra, nicht die fein ziselieren Balkongeländer auf der Polna oder der Zielona. Hinten an der Mottlau saßen mehr Angler als gewöhnlich, als hätten sie nur auf das gute Wetter gewartet, als hätten auch die Fische nur auf das gute Wetter gewartet und als hätten sich beide Parteien auf ein Stelldichein getroffen.<br /><br />Bauarbeiten an der Schleuse, die Mütze ins Gesicht gezogen und schnell weiter. Das übliche Chaos am Leege Tor, die üblichen Fahrschulautos, die sich in der Nieder- und Vorstadt häufen. Dem Drang widerstehen, auf die Bastion Maidloch zu klettern und hinüber zum Bischofsberg zu sehen; nein, lieber weiter zum Wallplatz, im kleinen Zeughaus, am Kunstinstitut vorbeischauen, auch überprüfen, ob der alte Springbrunnen mittlerweile randvoll ist mit moderndem Geblätt (ja).<br />Schließlich zurück durch die Rzeznicka, schlagartig ist der Zauber verloren. Aber dort hinten, am Wallplatz, da ist er beheimatet.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-48435645040617930132009-11-11T17:29:00.003+01:002009-11-11T17:51:55.307+01:00Tag der UnabhängigkeitHeute, am 11. November, feierte Polen seinen Unabhängigkeitstag - vor genau 91 Jahren erlangte es, nach dem ersten Weltkrieg, seine Souveränität zurück. Somit ist es nicht nur ein Unabhängigkeitstag, sondern auch ein Tag der Freude und des Patriotismus: An jeder Häuserwand wehen Flaggen in Rot-Weiß, Kinder laufen mit Flaggen umher, mal so groß wie ihr Gesicht, mal so groß wie sie selber. <br /><br />Ein Mittwoch des Ausnahmezustands! Alle Läden (so gut wie - in der Handvoll geöffneter Läden drängen sich die Leute, stehen Schlange bis hinauf auf die Straße. Um mir zwei Äpfel zu kaufen stand ich bestimmt zehn Minuten auf der Ogarna vor einem Laden) geschlossen, die geöffneten Cafés in der Innenstadt völlig überfüllt. Und die Menschenmengen, die unterwegs sind! <br /><br />Wer hätte das etwa im August ahnen können, als sich Touristen über Touristen durch die Szeroka und die Dluga schoben: Nun, im November, sind die Danziger aus ihren Häusern gekommen und fordern die Innenstadt für sich! Eine Menschenmasse in Rot-Weiß. <br />Für die, die versehentlich noch keine Fahne, Flagge, Schal oder Jacke in jenen Farben heute trugen, stand eine Frau mit kleinem Wägelchen bereit, an der Kreuzung zwischen Tkacka und Dluga: Alles, was das Herz des Patrioten begehrte, lag dort und wartete auf Käufer. <br /><br />Aber die meisten Passanten waren schon gut ausgerüstet. Eines aber gab es nirgendwo zu kaufen und war deshalb umso schöner anzusehen: Die Freude und die Ausgelassenheit der Menschen. <br />Und das Gefühl, dass sie sich nicht nur deshalb freuten, weil sie einen Tag frei bekamen, sondern: weil es etwas zu feiern gibt.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-74515387340002522852009-11-09T16:52:00.002+01:002009-11-09T17:11:03.336+01:00Erbe und ZitateAuch wenn sich das (Strassen-)Bild einer Stadt im Laufe der Geschichte veraendert, bleibt vieles doch erkennbar, auch wenn es nicht detailgetreu wieder auf- oder umgebaut wurde. Auch innerhalb der Architektur wird zitiert, wird sich aus dem reichen Erbe der Stadtgeschichte und ihrer Bauweise bedient.<br /><br />In der Gegend, in der ich wohne, musste bis auf die Kirchen am Anfang und Ende der Strasse, alles wieder aufgebaut werden. Man hat sich nicht an jedes Detail gehalten. Aber: Man hat sich an einen (ehemals) vorherrschenden Stil angepasst, beherzigte Giebel, schmale Fassaden. Laengst nicht so herausgeputzt wie auf der Dluga oder der Piwna, aber immerhin: formbewusst.<br /><br />Architektonische Stile aendern sich, unterliegen einer staendigen Mutation (Resultate einer manchmal fragwuerdigen "Evolution" finden sich wohl an jedem Ort der Welt) - und doch, manchmal gelingt es, sich immer wieder auf sein aesthetisches Erbe zu besinnen und Entwicklung und Tradition in Einklang zu bringen. <br /><br />Unter den gelungensten Vertretern der ganz neuen Architektur, die sich mit einem hanseatischen, Danziger Stil auseinandersetzt, befinden sich einige Wohnhaeuser zwischen der alten Vorstadt und der Niederstadt, auch die Planungen fuer einen Gebaeudekomplex neben dem Krantor verfolgen eine Mimikry-Technik: sich einfuegen, und, wenn moeglich, nicht auffallen. Man uebernimmt die Form, spielt mit Materialien: viel Fenster, Glas, Fragmentierung der Fassaden.<br /><br />Danzig: Ein lebendiger, sich entwickelnder Ort. Es lohnt sich in die Gegenwart und die Zukunft zu schauen, nicht nur in die Vergangenheit!Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-45682573964820055122009-11-08T13:54:00.002+01:002009-11-08T14:09:10.210+01:00Die Danziger DimensionBeim abendlichen Bier in einer Kneipe am Ende der Szeroka (528 Meter von meiner Wohnung, 498 Meter von der Marienkirche und 30,5 Meter von der Mottlau entfernt, wenn man sucht) auf zwei junge, deutsche Touristen getroffen, ein Paerchen, das mich zoegernd angesprochen hat. <br />Noch nie waren sie in Polen gewesen, das erste Mal also: Der Schritt nach Osten, und dann gleich Danzig. Erzaehlten, wie lange sie abgewogen haben, wo sie den Urlaub verbringen wollten.<br /><br />Eine Fahrt nach Danzig ist keine Bauchentscheidung, ist eine ganz bewusste Reise. Oft sind Familiengeschichten damit verbunden, und wenn nicht Erinnerungen an die Erzahlungen von den Grosseltern, so doch an den Geschichtsunterricht.<br /><br />Jugendliche Touristen aus Deutschland sind denn auch viel seltener anzutreffen als solche der aelteren Generation. Das allerdings kann sich jederzeit aendern: Wenn sich erstmal jemand gegen Mallorca oder London entschieden hat, bekommt er in Danzig grosse Augen und rote Ohren. Das junge Paerchen war ganz begeistert von seinem Aufenthalt, sagten, sie wuerden nun ueberall von Danzig schwaermen. Wenn Danzig Kulturhauptstadt wird, was sehr zu wuenschen ist, werden hoffentlich noch mehr Leute den Weg hierher finden, auch ohne Familiengeschichte.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-22572401368420457482009-11-05T16:59:00.002+01:002009-11-05T17:01:49.112+01:00Leege Tor<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhaD1kHL1eoQOooFbuwdTcV8uA4UrJzav9FuIJiMIHLEl4UMeMzrkV7bKJLEH6K6-pRZjflK6vB9hftVsPbLXUltUVcBfhT4AHG3mg23_iXZXfroNVFKnByIaMsOnuJ7c1YYFrTiuLID7pY/s1600-h/Leege+Tor.jpg"><img style="cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 300px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhaD1kHL1eoQOooFbuwdTcV8uA4UrJzav9FuIJiMIHLEl4UMeMzrkV7bKJLEH6K6-pRZjflK6vB9hftVsPbLXUltUVcBfhT4AHG3mg23_iXZXfroNVFKnByIaMsOnuJ7c1YYFrTiuLID7pY/s400/Leege+Tor.jpg" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5400649801243323794" /></a><br /><br /><br />Immer wieder fasziniert mich das Leege Tor, seine alten, eisenbeschlagenen Holztüren und das Verkehrschaos, das sich in ihm entspinnt. Und auch: Seine Decke und die meterdicken Wände! Dadurch, dass so wenig Touristen herfinden, habe ich ein viel persönlicheres Verhältnis zu dem alten Stadttor aufgebaut als etwa zum Hohen oder zum Goldenen Tor. Stadttore sind für mich etwas besonderes. Sie sind der Schlüssel zu einer Stadt, Schutz und Aushängeschild zugleich.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-83951358716447756112009-11-04T09:05:00.002+01:002009-11-04T09:20:23.985+01:00Wetter und SchreibenEs ist schon so: Kälte, Regen, Schnee werfen den Menschen auf sich selbst zurück. Ich erinnere mich an ein Gespräch vor kurzem, welche Faktoren sich auf die Herausbildung von Kulturen (etwa der Mittelmeerraum im Vergleich zu nördlicheren Regionen) auswirken könnten, natürlich tauchte auch das Wetter auf, mit all seinen Konsequenzen auf Möglichkeiten der Landbestellung und der menschlichen Betätigung.<br /><br />Natürlich bleibt vieles davon Spekulation. Mitteleuropa etwa liegt ungefähr in einer ähnlichen Wetterzone - und hat dennoch so unterschiedliche Kulturen hervorgebracht. Oder andersherum: Sind sie denn wirklich so unterschiedlich?<br />Aber ich habe mich verrannt und wollte über etwas ganz anderes schreiben (Auch wenn ich mich, ich muss es zugeben, häufiger mit solchen Gedanken beschäftige - und niemals über die Erkenntnis hinweg komme, eine Chimäre zu sein, als Halb-Deutsche, Halb-Polin).<br /><br />Vielmehr ist es so: Kälte, Regen, Schnee werfen den Schriftsteller auf sich selbst zurück. In Danzig mag es nun endlich und unabänderlich ungemütlich werden. Der Wind peitscht die letzten Blätter von den Bäumen, im kleinen Park vor meinem Fenster liegt alles darnieder, sogar am Ahorn, der genau vor der Marienkirche zu stehen scheint, lichten sich die Reihen.<br />Regen, Schneeregen bringen auch den leidenschaftlichsten Spaziergänger zurück an den Schreibtisch, führen seine Finger zum Bleistift und lenken ihn über die Papierbahnen, die an der Wand hängen.<br /><br />All die Substanz, die aufgesogen wurde, will sich nun in Fiktion verwandeln, in etwas Eigenes. Die alte Vorstadt und die Niederstadt, die Fortifikationen. Sie werden auferstehen auf dem Papier, bald schon, während draussen der Regen gegen die Scheiben drückt.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-6069268668790133952009-11-02T08:30:00.003+01:002009-11-02T08:31:03.758+01:00Jaskowa DolinaAusflug mit Adrzej in den Jäschkentaler Wald. Erst ein ausgiebiger Spaziergang durch Wrzeszcz, vorbei an seinem Geburtshaus, schon in unmittelbarer Nähe des Waldes, und dann, endlich: hinein in den Wald. Wunderbar hügelig ist es hier, sanft wellt sich der Waldboden den Füßen der Wanderer entgegen, und hoch über den Köpfen rauschen die Buchen mit den ihnen noch gebliebenen Blättern. Ihre schlanken Stämme stehen weit entfernt voneinander, hell ist es und licht. <br /><br />Andrzej erzählt von endlosen Rodelfahrten durch den Wald, als er noch ein Kind war - und, dass viele Rodelstrecken nun schon längst in Vergessenheit geraten wären. Was muss es für eine Freude gewesen sein, sich in den Elementen zu suhlen, im Schnee, im Waldboden, umgeben von kristallklarer Luft...<br /><br />Dieser Ausflug - wir rundeten ihn ab, indem wir an den ausladenden Villen vorbei spazierten und lange Hälse machten, uns vorstellten, wie es wäre, dort drinnen zu wohnen - kam ganz passend. <br />Als wir nämlich vor dem Gutenberg-Denkmal standen, fiel mir ein, dass ich erst Tage zuvor, in "Hundejahre", von jener Stelle im Wald gelesen hatte. Furchtbar mutete da jener Gutenberg auf seinem Podest den Kindern an: Tulla machte Jenny zum Schneemann, und Matern machte unweit, im Steffensweg, Eddi Amsel ebenfalls zum Schneemann und zum Goldmäulchen.<br /><br />Ich beglückwünschte Andrzej zu seinen besser gearteten Kindheitserlebnissen. Aber auch wir gruselten uns ein wenig, als wir an Gutenberg vorbei kamen: Ein paar zwielichtige Gestalten, die eng um ihn herum standen und eine Wodkaflasche kreisen ließen, ließen uns schneller gehen. Man weiß ja nie.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-4764223557122605306.post-14732003916836284892009-10-31T09:00:00.003+01:002009-10-31T09:00:02.111+01:00Die Marienkirche und IchSchriftsteller haben die Angewohnheit, zu starren. Stundenlang, gegen die Wand, in eine Kaffeetasse, auf den Laptop, vorzugsweise aber aus dem Fenster. Ich würde behaupten, dass ein Schriftsteller mehr aus dem Fenster starrt, als dass er schreibt, behauptet also jemand, fünf Stunden lang geschrieben zu haben (was ohnehin unmöglich ist, am Stück), sage ich: Ja, aber davon hast du drei Stunden aus dem Fenster gestarrt!<br /><br />Auf dem Blog habe ich nun schon zahlreiche Fotos der Aussicht aus meinem Fenster veröffentlicht, Fotos von dem kleinen Park und der Marienkirche, die sich hinter ihm auftürmt. Jeden Tag guckt mir ihr ummantelter Turm - der Turm wird gerade restauriert und ist deshalb eingepackt in Stoffplanen, die im vergangenen Sturm trotzdem die herunterfliegenden Backsteine nicht abhalten konnten - über die Schulter, guckt mir beim Schreiben zu. <br /><br />Ohne pathetisch werden zu wollen, ist sie mir tatsächlich so vertraut geworden, und nicht nur dass: Fast schon ein notwendiges Schreibutensil ist sie geworden, etwas, mit dem ich mir einbilde, mich besser konzentrieren zu können, länger am Schreibtisch verharren zu können, wacht die Kirche doch über mir und kontrolliert eifersüchtig meine Arbeitszeit.<br /><br />Die Marienkirche. Mittlerweile kenne ich sie genau, kenne ihre Ein- und Ausgänge, ihre Portale, die abgewetzten Steinplatten, die Kapellen, die Uhren, die Holzskulpturen, den Altar. Ich fühle mich in ihr zu Hause. Wenn ich meines Schreibtisches überdrüssig werde, meine, nicht genug Zeit zu haben für einen Spaziergang oder eine Stadtflucht, gehe ich hinüber und drehe einige Runden in der Kirche, jedes Mal ein neues Detail entdeckend.<br /><br />Was werde ich bald schon ohne sie tun? Ich denke über eine Fototapete nach. Irgendwie muss dieses Problem doch zu lösen sein.Sabrina Janeschhttp://www.blogger.com/profile/06005660849849462668noreply@blogger.com0