Die Flucht vor den Menschenmassen ist nur bedingt geglückt. Wenn die eine Hälfte der Danziger und sämtlicher sich in der Region befindender Touristen sonntags nach Sopot pilgern, zieht es die andere Hälfte nach Brzezno (Brösen).
Schon von der Straßenbahnhaltestelle schoben sich ganze Kolonnen in Richtung Strand, vorbei an Gofry- (Waffeln), Lody (Eis-) und Ryby-(Fisch-) Ständen. Eine alte Frau, von der ich mir nun einbilde, sie sah aus wie eine Fischersfrau, verkaufte geräucherte Flundern, leider habe ich mich getraut, mir eine zu kaufen. Ein Grund, zurückzukehren.
Und dann also der Strand. Hatte durchaus Ähnlichkeit mit der Ulica Dluga (Langgasse) in Gdansk, nur dass die Leute lagen, sich nicht schwerfällig in Richtung Neptun schoben, und generell weniger anhatten. Das Meer selber: Unbeeindruckt, ruhig, dunkel...nach anfänglicher Verzweiflung hatte ich doch einen halben Quadratmeter freien Platzes gefunden und mich für ein paar Minuten hingesetzt. Schön, wie die Danziger Buch Brzezno umarmt....nach lings hinaus ging die Promenade weiter nach Jelitkowo (Glettkau), wo sich früher die Mole befand, heute ist sie in Brzezno. Anders als in Sopot muss man nicht bezahlen, um sie zu betreten.
Als ich mich satt gesehen hatte, schulterte ich meinen kleinen Rucksack und ging ein paar hundert Meter weiter ostwärts, erst am Strand, dann wieder gen Promenade und Wäldchen.
Plötzlich wurde das Pflaster bucklig, alte Linden säumten die Wege, und als ich aufsah, befand ich mich unversehens in einem Fischerdorf von Anfang des 20. Jahrhunderts. Kleinteilige Backsteinbauten, einige Kurhäuser, Zahnfriese. Gewundene Straßen, hinter den Holzzäunen meterhohe Bechermalven. Was für ein Gegensatz zum Strand, der nur wenige Meter davon entfernt war....Friede, einfach so.
Dahinter freilich klotzig-hässliche Wohnblocks, die mit ihrer überbordenden, physischen Präsenz drohen, das alte Fischerdorf ins Meer zu stoßen. Es ist alles eine Frage des Blickwinkels. Vor allem in Brzezno.
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Schöner Text, insbesondere der Schluss. Was Sie über Brzeźno/Brösen schreiben, findet sich auch hier in Wort und Bild bestätigt.
AntwortenLöschenDa gibt es eine nette Grass-Zeile, die ich mal gelesen habe und die Grass' Liebe zu Brösen zum Ausdruck bringen soll. Die lautete sinngemäß: Was ist schon Amerika gegen die Straßenbahn Nummer soundsoviel, die einst nach Brösen fuhr.
AntwortenLöschenViele Grüße
Hans-Joachim Redzimski
Hallo Sabrina,
AntwortenLöschenvielen Dank für den schönen und anschaulichen Bericht!
ICh denke, Du wirst vielleicht auch noch Gelegenheit haben, die anderen Strandbäder zu besuchen, also in Glettkau (Jelitkowo) und Heubude (Stogi). Dort ist es meist nicht ganz so überlaufen wie in Brösen.
Früher hatte übrigens Brösen einen eigenen Seesteg der am alten Kurhaus in die See führte. Auch Glettkau hatte einen eigenen Seesteg der heute nicht mehr existiert. Der jetzige neue Seesteg liegt rund 2 km nordwestlich vom damaligen Brösener Seesteg.
Viele Grüße
Wolfgang Naujocks