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Sonntag, 13. September 2009

Größenwahn

Aga, Ines und Filip sind ans Meer gefahren, Jastrzebia Góra, weit hinaus also. Ich bin zu Hause geblieben und schmiede irrwitzige Pläne, beschreibe wie in einem Rausch Seite um Seite meines Notizbuches, springe auf, gehe auf und ab, verwerfe, was ich gerade eben noch notiert hatte. Ab und zu erreichen mich Nachrichten von Aga und Ines, fragen, wie es mir geht, ich vermute, sie kontrollieren, ob mir noch nicht der Kopf geplatzt ist oder zumindest noch an der richtigen Stelle sitzt.

Mittlerweile habe ich meine Protagonistin klar vor Augen, ihren Namen, ihr Aussehen, ihre Geschichte. Ich arbeite nun an der Konzeption der unmittelbaren Vorvergangenheit - was ist passiert, wie konnte es zu dem kommen, was passiert ist? Die Familiengeschichte, ihr polnisch-deutscher Hintergrund, ist auch bereits entworfen. Bei einer Wohnungsfrage ("Ja, aber kann es denn rein theoretisch diese Wohnung überhaupt geben?!" half mir übrigens ein sehr gelehrter Danzig-Kenner, ich bin sehr dankbar für all die Leute, die ich hier treffe, und die mir in so vielem helfen.

In einem Moment die absolute Begeisterung, im nächsten Zweifel, die einen packen und zuflüstern, dass das, was man vorhat, größenwahnsinnig sei und wirr. Ich möchte aber weder diese Zweifel, noch Größenwahn oder Wirrnis scheuen müssen. Ich glaube, sie sind Wegabschnitte zum Ziel, und das Ziel ist ambitioniert, das muss es sein. Mein Plan, wie er jetzt ist, hat wenig zu tun mit dem, was ich mir am Anfang vorgestellt habe. Auch das ist normal.

Eventuell fahre ich gleich noch hinaus ans Meer, an die Westerplatte vielleicht. Es wird Zeit, dass sich unser Verhältnis normalisiert, seit dem Chaos von Anfang des Monats. Ich möchte gern dort einmal die Stille erleben, die Friedfertigkeit. Außerdem kann ich dann Ines und Aga schreiben, dass ich mich durchaus aus meinem Kämmerlein am Wochenende hinaus bewegt habe!


Donnerstag, 27. August 2009

Die Unruhe vor dem Sturm

Noch fünf Tage bis zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs. Die Vorbereitungen in Danzig laufen auf Hochtouren, seit einigen Tagen meine ich, eine gewisse Nervosität in der Luft zu spüren. Alle Parks werden eifrig geschoren, Bürgersteige werden geschrubbt, auf öde Flecken Erde Grassamen gestreut. Die Stadt bereitet sich vor. Merkel, Putin, Sarkozy, es wird hoher Besuch erwartet.

Diese Nervosität hat sich auch auf mich übertragen. Heute vormittag bin ich mit einem Fernsehteam von der ARD auf der Westerplatte gewesen, in knapp zwei Stunden wurde ein kleines Gespräch und ein Spaziergang gefilmt. Rund um uns herum wuselten die Bauarbeiter, die Gärtner, die Bühnenarbeiter - die meisten waren gerade damit beschäftigt, riesenhafte Buchstaben an ein Gerüst zu befestigen: Nigdy wiecej wojny, Niemals wieder Krieg.
Ein paar Stunden später dann ein Radiointerview mit dem RBB, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg, am Wochenende wird das ZDF da sein und ein Feature drehen - "wie das so ist, Stadtschreiber zu sein".

Darüber sollte ich mir beizeiten noch ein paar Gedanken machen. Ich glaube, es sollte entfernt etwas mit Schreiben zu tun haben. Momentan sind meine Nerven so gespannt, dass ich es gerade einmal schaffe, meine Stelle zu verwalten, ich bin mein eigener Sekretär. Nach dem 1. September, so habe ich mir versprochen, wird wieder geschrieben. Solange heißt es Zähne zusammenbeissen. Dann kann man auch nicht mehr so viel Jammern...