Dienstag, 6. Oktober 2009

Morgenhimmel


Und alles so friedlich und gut

Montag, 5. Oktober 2009

Lektüre

Wie lange ist es her, dass ich die Blechtrommel gelesen habe? Jahre und zugleich nur einige Momente. Am Stück hatte ich sie vor Jahren verschlungen, und später, bis heute, immer wieder, tröpfchenweise konsumiert, adaptiert, mir und meinem Schreiben anverwandelt...
Ob das reicht, für eine öffentliche Diskussion mit Günter Grass und fünf anderen Schriftstellern, für eine Diskussion mit dem Thema: Was ist die Blechtrommel für die verschiedenen Generationen?

Ich weiß vor allem, was die Blechtrommel für mich ist, als Schreibende. Das kann und werde ich erzählen. Aber ein Politikum daraus machen? Für mich ist die Literatur ein eigener Raum, hat ihre eigenen Grenzen, kennt keine Staatsgrenzen, ist sich selber Struktur und Halt genug.

Wie dem auch sei, bis Donnerstag heißt es also: eifrig blättern, sich erinnern, Notizen machen. Die Diskussion wird im Artushof stattfinden, vor über 300 geladenen Gästen. Gerade habe ich mich mit der Kuratorin des Festivals getroffen, die mir erzählt hat, dass sie sich gleich ein neues Kleid kaufen geht, für das Abendessen mit Grass und dem Bürgermeister der Stadt. Ich habe meine Lektüreerfahrung und meine Hochachtung für Grass' Literatur. Das muss reichen.

Freitag, 2. Oktober 2009

Zeitläufe

Trotz der eisigen Kälte, die sich gestern Abend in meinem Zimmer breit gemacht hat, bin ich, kaum, dass ich mich hingelegt hatte, sofort eingeschlafen...
Ein Tag wie ein Leben. Erst ein Besuch in Dolne Miasto bei einer überaus munteren deutschen (!) Danzigerin, die mir von der Stadt vor dem Krieg erzählt hat...und, dass sie sich nach wie vor hier zu Hause fühlt. Egal ob als Deutsche oder als Polin. Ein leiser, polnischer Akzent schwang mit, als sie es auf deutsch gesagt hatte...

Für mich hat das sehr viel bedeutet, sehr versöhnt bin ich nach dem Gespräch durch die Innenstadt gegangen.
Danach, kaum ein paar Stunden später, ein Gespräch mit Filip, in irgendeinem Café auf der Piwna, bitterkalt war es, als wir hingegangen sind, und außerdem schon dunkel (der Herbst möchte so tun, als sei schon Winter - ich habe schon die ersten Leute mit Mützen und Handschuhen gesehen! Noch weigere ich mich selber). Zum ersten Mal hat er mir Fotos aus dem Irak gezeigt, Männer in Uniformen, Wüste, brüllende Hitze...und Kinder, immer wieder Kinder, die in die Kamera schrien und lachten, die Augen aufrissen.
Babylon, immer wieder Babylon, eine Kopie des Tores von Ischtar. Wo das Original steht, ist bekannt, Filip hat es sehr kritisiert.

Ich werde bald ein neues Notizheft brauchen, allein der gestrige Tag reicht aus für mehrere Erzählbände und büschelweise Artikel. Und doch wird alles in den Roman fließen... Halt! Nicht zuviel verraten!
Nur noch soviel: Ich kann das Wochenende gut gebrauchen. Und vielleicht wird es etwas wärmer. Vorsichtshalber werde ich mir heute ein Dutzend Kerzen kaufen.

Mittwoch, 30. September 2009

Eigenleben

Ein weiteres Fragment der Stadterzählung im Blog, das kann nicht schaden, das kann höchstens zeigen: Das tut man hier, während man in Danzig ist und Stadtschreiber.
Vor allem aber plant man den Roman, sehr detailliert mittlerweile, schreibt erste Szenen, hat sogar schon einen Titel, der streng geheim ist. Um Kopf und Kragen plant man sich, ist einmal überzeugt von seiner Größe, einmal vom abgrundtiefen Schwachsinn des Ersonnenen. Nein: Im Grunde habe ich diese Phase längst hinter mir gelassen, bin überzeugt vom Rahmen meines Romans, jetzt kann nur noch an Details, an Gestaltungsfragen gemosert und geändert werden. Es gibt einen Punkt in der Planungsphase eines jeden Romans, an dem man nicht zurück kann, und auch nicht zurück sollte, sonst droht der fatalste aller Fälle: Dass man aufhört, zu schreiben. Das muss um jeden Preis vermieden werden.
Bevor es soweit ist, dass ich ein paar Seiten aus meinem zweiten Roman präsentiere, hier also ein weiteres Häppchen "Beiwerk", die Thematik passend zum heutigen Blog-Eintrag. Wer sich Sorgen gemacht hat: Meinem Zahn und mir geht es wieder gut, gutes Zureden und ein wenig Bohren haben Wunder gewirkt!


"Der Text verwehrt sich mir, schon seit einigen Tagen ringe ich mit ihm und ringe gegen ihn nach Worten. Heute Morgen dann hat er gewonnen, schmiss mich aus der Wohnung hinaus, er brauche nun Zeit für sich und könne mich für eine Weile nicht mehr sehen. Ich gehe durch die Straßen – in der Dominikanska biege ich ab Richtung Podwale Miejskie, wohin ich gehe, weiß ich nicht genau – und versuche zu begreifen, was geschehen ist.
Noch vor einer Woche meinte ich genau zu wissen, wo es mit ihm hingeht, ich führte ihn sicher an der Hand, entwickelte ihn, fing sogar an, ihn zu gestalten, als er sich plötzlich aufbäumte und sich mir von seiner abscheulichen Seite zeigte: der Langeweile. Seitdem hatte ich versucht, ihn zu heilen, herauszufinden, woran er krankte, aber je länger ich an ihm herumoperierte, desto unwilliger wurde er und schließlich hörte er gänzlich auf, sich mir mitzuteilen. Von einer Minute auf die andere verstummte er, hörte auf zu zappeln und sich zu recken, wie ein Käfer, der vor Schreck vorgibt, tot zu sein, streckt er, um mich von seiner Todesstarre zu überzeugen, seine Gliedmaßen von sich.
Ich ließ ihn also liegen, etwas angeekelt zwar und unangenehm berührt, aber fing dennoch an, an etwas anderem zu schreiben, solange, dachte ich, bis er von selber wieder aufwachen würde und sich mit leiser Stimme melden: Hör mal, ich bin doch nicht tot, ich hab nur so getan! Als er sich endlich aussprach, war er lauter und ungehaltener, als ich erwartet hatte. Unverantwortlich sei ich, undiszipliniert auch, aus diesen Gründen habe er nun den endgültigen Rückzug beschlossen, innere Emigration nenne man das, und bevor er mich aus der Wohnung schmiss, sagte er noch, dass ich nun nicht mehr viel von ihm erwarten könne.
Ich halte sein Verhalten für übertrieben, und während ich schon in der Straganiarska bin und die Pappeln röten sehe, denke ich, dass ich mir all das nicht gefallen lassen muss. Ich spitze meinen Bleistift, die grauen Flusen fallen auf den Bürgersteig."

Montag, 28. September 2009

Zusatz

...und hier endlich der Link zu Grzegorz Kwiatkowskis "Eine kleine Todesmusik", ein schmuckes E-Book zum Herunterladen: kwiatkowski_ebook.pdf
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors

Herbst, langsam

Es wird nun immer kälter.... gestern Abend habe ich zum ersten Mal mein wollenes Jäckchen angezogen, damit ist wohl der Herbst offiziell eröffnet. Dabei ist es tagsüber ganz erstaunlich warm gewesen, wie ein letzter Gruß des Sommers. Ich bin sehr gespannt, was mich nun erwartet. Ich warte noch immer auf die Auswechslung meiner
(Holz-)Fenster, die man mir versprochen hat. Es bleibt spannend...

Heute übrigens eine authentische Danzig-Erfahrung der etwas anderen Art: Ich muss zum Zahnarzt. Irgendwelche Empfehlungen?

Samstag, 26. September 2009

Frei

Seit längerem endlich wieder ein dreistündiger Spaziergang... wahllos quer durch Wrzeszcz, wunderbare Straßen und Gassen habe ich entdeckt, bis ganz nah heran an den Waldrand. Oh ja, hier würde ich mir ein Plätzchen zum Leben und Wohnen suchen, wenn ich länger bliebe!
Der Geruch von Stein und Wald liegt hier in der Luft, Katzen, die lautlos durch die Gärten huschen, kleine Kneipen, die man auf den ersten Blick gar nicht als solche erkennt: Weil sie in einer Garage sind, in einem Gartenhäuschen...
In einem Zimmer mit Parkett und Erker würde ich wohnen, und den Schreibtisch so nah wie möglich ans Fenster heran schieben, bis ich fast die Kastanie, die vor meinem Fenster wüchse, berühren könnte...

Als mich vor einem Monat der Berliner Rundfunk gefragt hat, ob ich mich schon in Danzig verliebt hätte, musste ich rumdrucksen und nach Worten suchen. Heute würde die Antwort anders lauten: Ja, ich habe mich verliebt - aber nicht in Danzig, sondern in Wrzeszcz!