Montag, 23. November 2009

Farbe. Einfärbung

Ausgiebiger Spaziergang durch die Vor- und Niederstadt mit Aleksander Maslowski, einem stadtbekannten (und darüber hinaus) Danzig-Experten. Was er auf einer seiner Seiten (www.rzygacz.webd.pl) betreibt, kam auch während des Gangs zum Tragen: die Aneignung und das Verständnis von Geschichte mithilfe persönlicher Geschichten, Geschichten "normaler" Menschen und Orten.

Die große Geschichte kennt jeder. Die Kleine kennen nur wenige. Und sei es, dass sie schmackhafter gemacht wird mithilfe von Anekdoten, Legenden, Sagen, Mythen: All das gehört zu dem, was wir Geschichte, was wir menschlich nennen. Nichts anderes ist Geschichte.
Zu den Bastionen Maidloch und Gertrud gewinnt man ein ganz anderes Verhältnis (überhaupt: ein Verhältnis), wenn man erzählt bekommt, dass zwischen ihnen, am Ufer des Grabens, ein deutscher Soldat, der dort erschossen wurde, begraben liegt. Und das Rauschen des Schilfes im Ohr: Natürlich, ein Flüstern. Geschichte wird so unmittelbar, be-rührend.

Über die Schienen, die zum alten Güterbahnhof führten, sind wir weiter bis zur Steinschleuse gestolpert. Von dort aus sind wir zu der Ruine eines Hauses hinüber gegangen, vor der drei aufeinander gestapelte Klötze liegen, bislang sind sie mir niemals aufgefallen.
Als wir näher kamen, erkannte ich ein Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges - in fein ziselierter Frakturschrift. Aleksander erklärte, das Denkmal wurde aus irgendeinem der umliegenden Dörfer hierher geschafft, wahrscheinlich, um es zu zerstören. Ein paar Meter hinter dem Denkmal lag der Kiefer eines Hundes, vielleicht.

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