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Freitag, 27. November 2009

Spiegel-Bild

Heute ein bezauberndes Erlebnis auf der Swietojanska-Straße, unweit meiner Wohnung: Ein Mann trug einen Barock-Spiegel seitlich unter dem Arm, ja, er schleppte ihn förmlich, so schwer war er.
Und wie er über die Straße ging, hielt er den Spiegel just in so einem Winkel, dass sich ein Teil der Marienkirche und des davor liegenden Parkes in ihm spiegelte...
Verfremdete Realität! ... was so ein Ausschnitt bewirken kann: die Bestürzung, dass es nicht allein die Realität der Welt gibt, sondern ebenfalls die Realität der Spiegel.

Schade, dass ich nicht rechtzeitig meine Kamera zücken konnte für dieses Doppelte Danzig. Jedenfalls musste ich gleich an die Rolle der Literatur denken, vor allem natürlich: Literatur über Danzig.
Auch sie versucht Danzig abzubilden, tut so, als würde sie wirklich Danzig abbilden, aber dennoch ist es immer: die Realität des Spiegels. Es sieht nur so aus, in Wirklichkeit ist es etwas anderes, eine Paralleldimension. Literatur.

Dienstag, 17. November 2009

Die Arbeit des Tages

Eine Bildungs-Odyssee durch Danzig! Zumindest kam es mir so vor...
Heute früh um sieben ging sie los, und zwar mit der Tramway hinaus über Langfuhr nach Oliwa, zur Danziger Universität. Dort warteten zwei dutzend Studenten im Germanistik-Institut, mit denen zusammen ich ein kleines Block-Seminar durchführe: Über die neue deutsche Literatur der letzten zehn, zwanzig Jahre, und einen kleinen Crashkurs im Kreativen Schreiben.

Die Professorin, die den Kurs normalerweise betreut (Literatur des 20. Jahrhunderts) hatte mir zwar schon gesagt, dass es sich um Studenten des 5. Semesters handele, dennoch war ich überrascht von ihrer Sprachkompetenz. Und dann, dort, um 8 Uhr in der Früh, durchflutete mich im dritten Stock der Universität ein diffuses Glücksgefühl: Wie wunderbar, dass es in Danzig so gut ausgebildete, bilinguale Menschen gibt... Für mich in dem Moment: eine so gute Anknüpfung an vergangene Zeiten, ein (Sprach)Bewusstsein, vor dem man nicht anders als den Hut ziehen kann.

Natürlich war das am Germanistik-Institut, auf den Straßen finden man sowas zwar auch, aber naturgemäß seltener... Aber es ist doch erstaunlich, was für ein brückenschlagendes und friedenstiftendes Moment es sein kann, eine Fremdsprache so gut zu beherrschen. Noch dazu wenn es eine ist, die mit dem Ort, an dem man lebt, soviel zu tun hat.

Nächste Woche also der zweite Teil des Seminars: Figurenzeichnung und Räume, Orte, Atmosphäre. Nun allerdings gibt es erst einmal eine große Portion Tee - nach der Universität kam noch ein Treffen im Herder-Zentrum, wo ich Anfang Dezember ebenfalls einen Vortrag halten werde. (genauere Angaben folgen).